Der Immobilienmarkt in Deutschland kannte in den letzten Jahren eigentlich nur eine Richtung: nach oben. Mit der Corona-Krise wurden jedoch die wirtschaftlichen Karten generell neu gemischt. Immerhin stand ein Großteil der deutschen Wirtschaft im April und Mai mehrere Wochen lang komplett still. Doch wie hat sich die Corona-Krise nun eigentlich auf den Immobilienmarkt ausgewirkt? Geht es weiterhin steil bergauf oder hat die Entwicklung zu einer echten Trendwende im Immobiliensektor geführt? Der Geschäftsführer der hedera bauwert GmbH aus Berlin, Ioannis Moraitis, sieht keine Anzeichen für eine nachhaltige Schwächung des Marktes.
Abbildung 1: Die Corona-Krise hatte auch Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Aktuell sieht es jedoch so aus, als ob sich die negativen Auswirkungen in Grenzen halten. Bildquelle: @ geralt / Pixabay.com
Die Corona-Krise: Unsicherheiten haben zugenommen
Laut Ioannis Moraitis haben durch die Corona-Krise vor allem die wirtschaftlichen Unsicherheiten zugenommen. Der Stillstand der Wirtschaft führte dazu, dass die Kurzarbeit in erheblichem Maße zunahm und auch die Arbeitslosenzahlen entwickeln sich erstmals seit 10 Jahren in einem Frühsommer nicht unbedingt sonderlich positiv. Diese Vorkommnisse haben auf verschiedene Art und Weise auch Auswirkungen auf den Immobilienmarkt:
1. Bundesanleihen wieder sehr gefragt
Die wirtschaftliche Unsicherheit hat auch den Aktienmarkt hart getroffen. Viele Anleger haben ihre Wertpapiere verkauft und sind dafür massenhaft in Bundesanleihen eingestiegen. Laut Ioannis Moraitis hat dies auch negativen Druck auf die Bauzinsen ausgeübt. Der Zusammenhang sehe dabei folgendermaßen aus:
- Höhere Nachfrage nach Bundesanleihen = niedrige Zinsen für Bundesanleihen
- Niedrige Anleihezinsen = niedrige Zinsen für Pfandbriefe
- Niedrige Zinsen für Pfandbriefe = günstigere Absicherung von Baufinanzierungen durch die Banken
- Günstigere Absicherungen für die Banken = höhere Gewinnmarge bei den Bauzinsen
- Höhere Gewinnmarge = tendenziell niedrigere Bauzinsen
Wer also aktuell einen Baukredit aufnehmen möchte, kann mit tendenziell sinkenden Zinsen rechnen und sich somit den Traum vom Eigenheim noch günstiger erfüllen. Ein klar positives Signal für den Immobilienmarkt.
2. Wirtschaftliche Unsicherheiten bremsen das Kaufinteresse
Darüber hinaus berichtet Ioannis Moraitis von einem sinkenden Kaufinteresse seitens potenzieller Käufer. Nur wenige Menschen könnten aktuell sagen, wie sicher ihr Job ist und ob nicht in Kürze eventuell Kurzarbeit anstehe. Genau diese Faktoren führten dazu, dass viele Käufer ihre Entscheidung für ein Eigenheim aufschöben. Die sinkende Nachfrage nach Immobilien könnte den Preisdruck tatsächlich etwas dämpfen. Verkäufer müssten deshalb eventuell mit geringeren Erlösen rechnen, so Ioannis Moraitis weiter.
Eine wirkliche Blase ist aktuell nicht zu erkennen
Nach Ansicht von Ioannis Moraitis ist eine wirkliche Blasenbildung auf dem deutschen Immobilienmarkt momentan nicht zu erkennen. Immobilienkredite ließen sich nach wie vor sehr günstig abschließen und auch der Wunsch nach Wohneigentum sei in Deutschland immer noch sehr hoch. Die Zahlen über die Preise unterstützen diese Ansicht, denn in den meisten Metropolen Deutschland steigen die Immobilienpreise weiter an. Somit sei also nicht davon auszugehen, dass es einen wirklichen Preisschock gebe und es so zum Platzen einer Blase komme, so Moraitis weiter.
Preissenkungen seien jedoch gerade in Regionen mit schwächerer Infrastruktur durchaus möglich. Trotzdem handele es sich dabei eher um kurzfristige Reaktionen auf die Sorgen der Menschen. Eine strukturelle Krise des Immobilienmarkt lasse sich daraus jedoch nicht herauslesen.
Verkäufer von Immobilien sollten den Markt genau beobachten
Wer jetzt eine Immobilie verkaufen möchte, sollte lauf Ioannis Moraitis den Markt genau checken. Auch wenn es aktuell für den einen oder anderen Immobilieneigentümer wichtig sei, sich Liquidität zu verschaffen, könne ein überstürzter Verkauf eher dazu führen, dass sich nur magere Verkaufspreise erzielen ließen. Aus diesem Grund sei besonnenes Handeln gefragt. Die Erholung auf dem Immobilienmarkt habe bereits begonnen, könne aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Aus diesem Grund könne es sinnvoll sein, mit dem Verkauf noch etwas zu warten und Liquiditätsengpässe anderweitig zu überbrücken. Bei unbelasteten Immobilien ließen sich häufig auch günstige besicherte Darlehen aufnehmen. Mitunter lohne sich das vielleicht mehr, als aufgrund einer kleinen Marktdelle auf Preispotenzial zu verzichten.
Immobilienmärkte haben die Corona-Krise bisher glimpflich überstanden
Aus Sicht von Ioannis Moraitis ist der Immobilienmarkt in Deutschland aber auch in vielen anderen Ländern bisher eher glimpflich davongekommen. Es kam nicht zu großen Preisverwerfungen und auch viele weitere Indikatoren seien größtenteils stabil geblieben. Durch die günstigen Bauzinsen und die langsamer steigenden Preise hätten potenzielle Immobilienkäufer zudem die Möglichkeit, sich den Traum vom Eigenheim aktuell zu sehr günstigen Konditionen zu erfüllen. All dies seien gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Erholung des Marktes.
Allerdings könne die Erholung durchaus noch etwas andauern. Dies hänge jedoch auch davon ab, wie sich die Corona-Krise weiterentwickle. Sollte es zu einer zweiten Welle kommen, hätte dies natürlich andere Auswirkungen als ein eher ruhiger Verlauf bis zum ende des Jahres.